Glossar


Accessibility / Zugänglichkeit

Accessibility („Zugänglichkeit“) ist ein Gestaltungsmerkmal organisatorischer oder gesellschaftlicher Strukturen, die Menschen den Zugang zu Ressourcen (Information, Bildung, Teilhabe, Gesundheitsversorgung, Arbeitsmarkt, Wohnraum, Infrastruktur etc.) oder Dienstleistungen (hier insb. Verwaltungsdienstleistungen) erleichtern oder erschweren (vgl. Stauber & Parreira do Amaral 2015). Diesen Zugang zu gewährleisten ist eine zentrale Aufgabe kommunaler Verwaltungen.

Digitale Informations- und Kommunikationskanäle sind geeignet, den Zugang, z.B. zu Verwaltungsdienstleistungen, zu vereinfachen. Hemmnisse hinsichtlich der Zugänglichkeit werden unter dem Begriff der digitalen Spaltung („digital divide“) diskutiert. Infrastrukturelle Faktoren ((Breitband-)Netzzugang, Hardware) werden dabei auf einer ersten Ebene (first level digital divide) verortet. Individuelle Fähigkeiten, Kenntnisse oder Ressourcen (Medienkompetenz, sozialer Status etc.) stellen Faktoren der zweiten Ebene dar (second level digital divide) (Kersting 2020; Norris 2001; van Dijk 2006).
Es ist Aufgabe von Politik, Verwaltung und Gesellschaft, bei der (Weiter-)Entwicklung, Implementierung und Nutzung digitaler Strukturen und Prozesse deren Zugänglichkeit für alle Anspruchsgruppen sicherzustellen.

Quellen:

Kersting, N. (2020). Digitale Ungleichheiten und digitale Spaltung. In T. Klenk, F. Nullmeier, & G. Wewer (Hrsg.), Handbuch Digitalisierung in Staat und Verwaltung. Springer Fachmedien Wiesbaden, S.219-229  https://doi.org/10.1007/978-3-658-23668-7_19

Norris, P. (2001). Digital Divide: Civic Engagement, Information Poverty, and the Internet Worldwide (1. Aufl.). Cambridge University Press. https://doi.org/10.1017/CBO9781139164887

Stauber, B., & Parreira do Amaral, M. (2015). Access to and Accessibility of Education: An Analytic and Conceptual Approach to a Multidimensional Issue. European Education, 47(1), S.11–25. https://doi.org/10.1080/10564934.2015.1001254

van Dijk, J. A. G. M. (2006). Digital divide research, achievements and shortcomings. Poetics, 34(4–5), S.221–235. https://doi.org/10.1016/j.poetic.2006.05.004


Agency

Mit Agency werden Handlungsbefähigungen von personalen und sozialen Akteuren bezeichnet, die sie in die Lage versetzen, angestrebte Ziele vor dem Hintergrund verfügbarer Ressourcen und Opportunitätsstrukturen zu erreichen. Die dabei entwickelten Handlungsstrategien stellen in der Regel implizite, allgemeine Handlungsmodelle dar, in die sowohl Handlungsroutinen, kreative Momente als auch praktisch-evaluative Aspekte des Handels einfließen. Bezogen auf Personen spielen dabei Wirksamkeitserfahrungen eine bedeutsame Rolle, bezogen auf soziale Akteure wie soziale Organisationen oder Verwaltungseinheiten zeigen sich die Agencies in den instrumentellen Arrangements, mit denen deren Ziele umgesetzt werden sollen. Agencies spielen daher auch für die Bestimmung von Capabilities eine entscheidende Rolle. Denn sie ermöglichen es, das Verwirklichungschancen auch umgesetzt werden können.

Quellen:

Grundmann, M. (2010). Handlungsbefähigung – eine sozialisationstheoretische Perspektive. In: Otto, H.-U., Ziegler, H. (Hrsg.), Capabilities – Handlungsbefähigung und Verwirklichungschancen in der Erziehungswissenschaft. Wiesbaden: VS, S.131-142

Grundmann, M. (2020). Agency. In: Bollweg, P.; Buchna, J., Coelen, Th., Otto, H.-U. (Hrsg.), Handbuch Ganztagsbildung, Band 2, 2. Auflage: Opladen: Springer VS, S.1707–1718.


Bildungsinfrastrukturen

Das Konzept der Bildungsinfrastrukturen bezieht sich eher auf eine stipulative als auf eine lexikalische oder theoretische Definition. Bildungsinfrastrukturen stellen dabei die Gesamtheit aller Grundlagen dar, die für ganzheitliche Bildung nötig sind. Sie umfassen dabei das gesamte Spektrum (formal, non-formal und informal) von Bildungs- und Berufsbiografien — von der vorschulischen Bildung, über die Primar-, Sekundar-, und Hochschulbildung bis hin zum Lebenslangen Lernen im quartären Bereich. Unter Berücksichtigung des Anspruchs aller beteiligten Akteure über die unterschiedlichen Ebenen hinweg, sowie die Einflüsse, die die Zugänglichkeit zu Bildung bedingen und konstruieren lassen sich Bildungsinfrastrukturen in vier Dimensionen thematisieren: materiell-strukturell, institutionell-organisational, normativ-kulturell sowie interaktiv-kooperativ.

Die materiell-strukturelle Dimension umfasst Grundlagen in Form von Finanzen, Gebäuden, Sachausstattung, Personalausstattung und den Arbeiten der Verwaltung. Die institutionell-organisationale Dimension nimmt formal/ non-formale sowie schulisch/ außerschulische Bildungsinstitutionen, Institutionen des Wohlfahrtsstaates und die organisationalen Strukturen in den Blick. Die normativ-kulturelle Dimension von Bildungsinfrastrukturen umfasst gesetzliche Grundlagen sowie den Einfluss gesellschaftlicher und politischer Diskurse auf Bildung und ihre Zugänglichkeit. Die interaktiv-kooperative Dimension von Bildung fokussiert die Interaktionen und Kooperationen zwischen den Akteuren im Mehrebenensystem Bildung.

Im Sinne der sozialökologischen Forschungsheuristik zielt das Konzept der Bildungsinfrastrukturen darauf, den Blick auf das Zusammenwirken der unterschiedlichen Dimensionen, die Bildung und ihre Zugänglichkeit bedingen, konstruieren und sich wechselseitig beeinflussen können, zu schärfen und Bildung dadurch ganzheitlich erfassen zu können. Der Begriff der Bildungsinfrastrukturen stellt ein Brückenkonzept dar, welches bestehende Konzepte zum Thema ganzheitliche Bildung integriert, mögliche Bedarfe aufdeckt und eine Anleitung zur empirischen Arbeit bietet.


Capabilities

Der Capability Ansatz hat sich aus wohlfahrtsökonomischen und gerechtigkeitstheoretischen Überlegungen von A. Sen und M. Nussbaum entwickelt. Es dient zur Analyse Individueller und sozialer Verwirklichungspotenziale, die sich als ein dynamisches Ergebnis des gemeinsamen Wirkens von Individuen im Kontext struktureller und mithin soziokultureller Rahmungen (hier zum Beispiel eines städtischen Milieus) ergeben. Das komplexe Zusammenwirken verschiedener, für die individuelle Lebensqualität voraussetzungsvoller Handlungsebenen findet im Rahmen gängiger Konzeptionen des Capabilities-Ansatzes grundsätzlich und in immer ausdifferenzierterer Weise Berücksichtigung (siehe zum Beispiel Gasper 2002). Zentral für das (letztlich auch empirisch begründete) Verständnis solcher Gefüge erscheint dabei das verbindende Konzept der Umwandlungsfaktoren, die Robeyns als mehrdimensionales Konstrukt persönlicher, umweltbedingter und sozialer Faktoren beschreibt (Robeyns 2005: 99).

Quellen:

Grundmann, M., Steinhoff, A. & Edelstein, W. (2011). Social Class, Socialization and Capabilities in a Modern Welfare State: Results from the Iceland Longitudinal Study. In: Leßmann, O., Otto, H.-U., Ziegler, H. (Hrsg.), Closing the capabilities gap. Renegotiating social justice for the young. Opladen & Farmington Hills: Barbara Budrich Publishers, S.233–252

Grundmann, M., Hornei, I. & Steinhoff, A. (2013). Capabilities in sozialen Kontexten. Erfahrungsbasierte Analysen von Handlungsbefähigung und Verwirklichungschancen im menschlichen Entwicklungsprozess. In: Graf, G., Kapferer, E. & Sedmak, C. (Hrsg.), Der Capability Approach und seine Anwendung. Fähigkeiten von Kindern und Jugendlichen erkennen und fördern. Wiesbaden: Springer VS, S.125-148

Gasper, D. (2002). Is Sen’s Capability Approach an Adequate Basis for Considering Human Development? In: Review of Political Economy, 14 (4), S.435-461

Robeyns, I. (2005). The Capability Approach: a theoretical survey. In: Journal of Human Development, 6 (1), S.93-117

Robeyns, I. (2005). Selecting Capabilities for Quality of Life Measurement. In: Social Indicators Research, 74, S.191 - 215


Daseinsvorsorge

Daseinsvorsorge ist die Bereitstellung von Dienstleistungen oder Gütern, die für die Öffentlichkeit notwendig sind. Das umfasst „Energie- und Wasserversorgung, Verkehrsleistungen, Telekommunikation, Rundfunk, Straßenreinigung sowie Abwasser- und Müllentsorgung“ (Chardon, 2021). Neben Versorgungsinfrastruktur umfasst die Daseinsvorsorge auch kulturelle, soziale und karitative Dienstleistungen (Deutscher Bundestag, 2006, S.2). Sie geht verfassungsrechtlich aus dem Sozialstaatsprinzip hervor. In den Gemeindeordnungen der Bundesländer werden die beinhalteten Dienstleistungen genauer definiert. Wie diese umgesetzt werden ist den Kommunen allerdings weitgehend selbst überlassen. Die Daseinsvorsorge kann also sowohl von den Gemeinden selbst als auch zum Beispiel durch private Dienstleister bereitgestellt werden. Die Daseinsvorsorge ist gleichzeitig ein politischer Begriff, dessen Umfang und rechtliche Relevanz Gegenstand öffentlicher Debatten ist (Deutscher Bundestag, 2006, S.2f).

Quellen:

Chardon, M. (2021, October 6). Daseinsvorsorge. Bundeszentrale für politische Bildung. Retrieved from https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/das-europalexikon/176770/daseinsvor..., accessed on 24.03.2023

Deutscher Bundestag. (2006). Was ist Daseinsvorsorge? Historische Entwicklung, aktueller Stand, Aufgaben der Kommunen, Bedeutung des Begriffs in der aktuellen Debatte. retrieved from https://www.bundestag.de/resource/blob/424316/40836520741496c15613a91f11..., accessed on 24.03.2023


Digitale Souveränität

Digitale Souveränität ist die Fähigkeit von Individuen und Institutionen, ihre Rollen in der digitalen Welt unabhängig, sicher und selbstbestimmt wahrzunehmen (Goldacker, 2017, S.3). Der Begriff kann auf verschiedenen Ebenen angewendet werden, wie Staaten, Organisationen oder Individuen. Ein Briefing des EU-Parlaments definiert die digitale Souveränität Europas als die Fähigkeit Europas, in der digitalen Welt unabhängig zu handeln, sowohl in Bezug auf Schutzmechanismen als auch auf offensive Instrumente zur Förderung digitaler Innovationen (auch in Zusammenarbeit mit Nicht-EU-Ländern) (Tambiana, 2020, S. 1). Auf Einzelpersonen angewandt, geht es um die Gewährleistung der Nutzerautonomie und des Schutzes durch die Bereitstellung benutzerfreundlicher, transparenter und sicherer digitaler Technologien. Für Staaten und Unternehmen geht es um die Fähigkeit, die Autonomie und Sicherheit von Infrastrukturen, wirtschaftliche Autonomie und Wettbewerbsfähigkeit zu gewährleisten (Pohle & Thiel, 2021, S.8-12).

Quellen:

Goldacker (2017).KOMPETENZZENTRUM ÖFFENTLICHE INFORMATIONSTECHNOLOGIE. Retrieved from https://www.oeffentliche-it.de/documents/10181/14412/Digitale+Souver%C3%... accessed on 24.03.2023

Tambiama, M. (2020). Digital sovereignty for Europe Digital sovereignty : State of play.European Parliament.retrieved from accessed on 24.03.2023

Pohle, J. & Thiel, T. (2020). Digital sovereignty. Internet Policy Review, 9(4). https://doi.org/10.14763/2020.4.1532, Available at SSRN: https://ssrn.com/abstract=4081180


Digitalisierung

Der Begriff Digitalisierung befasst sich mit der Nutzung von Informationstechnologie (IT). Die englischsprachige Literatur unterscheidet in diesem Kontext drei verwandte Begriffe, von denen zwei im Deutschen mit Digitalisierung übersetzt werden (Mergel et al., 2019; Wessel et al., 2021):

  • Digitization (Digitalisierung): Digitization ist die rein technische 1:1-Übersetzung vom Analogen zum Digitalen. Beispielsweise werden existierende analoge Formulare ohne strukturelle Änderung in digitale Formulare überführt.
  • Digitalization (Digitalisierung): Digitalization ergänzt Digitization um eine organisationale Ebene, d.h. es kommt neben einer technischen Veränderung auch zu prozessualen Verbesserungen. Beispielsweise werden Prozesse so angepasst, dass digitale Formulare kontextabhängig weniger Daten abfragen als analoge Formulare zuvor.
  • Digital Transformation (Digitale Transformation): Die digitale Transformation ist die Anpassung von bestehenden Geschäftsmodellen und die Entwicklung neuer Wertangebote bzw. Nutzenversprechen (“value propositions“) mithilfe digitaler Techniken. Sie erweitert die Digitalization, indem sie nicht nur die Veränderung und Verbesserung existierender, sondern auch die Entwicklung neuer Prozesse, Produkte und Leistungen umfasst. Beispielsweise entstehen neue Verwaltungsdienstleistungen, die zuvor nicht existierten.

Quellen:

Mergel I., Edelmann N. and Haug N. (2019) Defining digital transformation: Results from expert interviews. Government Information Quarterly 36(4).

Wessel L., Baiyere A., Ologeanu-Taddei R., et al. (2021) Unpacking the difference between digital transformation and IT-enabled organizational transformation. Journal of the Association for Information Systems 22(1): 102–129.


E-Government

E-Government – also die Digitalisierung des öffentlichen Sektors - ist die Nutzung von Informationssystemen (IS) durch Organisationen des öffentlichen Sektors (Lenk, 2002; Lindgren et al., 2021). E-Government umfasst sowohl die Bereitstellung digitaler öffentlicher Dienstleistungen als auch die Transformation zu einer digitalen Verwaltung selbst (Lindgren & van Veenstra, 2018). Ziel dieser digitalen Transformation ist es, die Prozesse der öffentlichen Verwaltung effizienter zu gestalten (interne Perspektive) und somit die Erbringung öffentlicher Leistungen für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen insgesamt zu verbessern (externe Perspektive) (Yildiz, 2007). Die Digitalisierung von Dienstleistungen für Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen einerseits und von verwaltungsinternen Prozessen andererseits wird daher auch als interne und externe Perspektive auf E-Government bezeichnet (Evans & Yen, 2006). Die Digitalisierung des öffentlichen Sektors wird weitgehend durch das allgemeine (rechtliche, soziale, wirtschaftliche und politische) Umfeld, die digitale Infrastruktur sowie die Politik und Strategien beeinflusst (Lindgren et al., 2021).

Quellen:

Lenk, K. (2002). Electronic Service Delivery – A driver of public sector modernisation. Information Polity, 7(2,3), 87–96. https://doi.org/10.3233/ip-2002-0009.

Lindgren, I., Melin, U., & Sæbø, Ø. (2021). What is e-government? Introducing a work system framework for understanding e-government. Communications of the Association for Information Systems, 48(1), 503–522.

Lindgren, I., & van Veenstra, A. F. (2018). Digital government transformation. Proceedings of the 19th Annual International Conference on Digital Government Research: Governance in the Data Age, 1–6. https://doi.org/10.1145/3209281.3209302.

Yildiz, M. (2007). E-government research: Reviewing the literature, limitations, and ways forward. Government Information Quarterly, 24(3), 646–665.

Chou, T. C., Chen, J. R., & Pu, C. K. (2008). Exploring the collective actions of public servants in e-government development. Decision Support Systems, 45(2), 251–265.


Eigenlogik

Das Konzept der Eigenlogik wurde maßgeblich von der Stadtsoziologin Martina Löw (2008) und ihrem Team geprägt. Zu verstehen ist es als ein Analyseschema, womit lokale Strukturen und implizite Sinnkonstitutionen einer Stadt bzw. von Städten sichtbar gemacht werden können. Aus einer sozial-konstruktivistischen Perspektive sind Eigenlogiken von Städten ebenfalls als Erfahrungsmuster zu verstehen, die sich auf die in ihnen lebenden Menschen auswirken. Die Eigenlogik einer Stadt ist damit jedoch nicht mit dem Stadtmarketing oder der öffentlichen Inszenierung von Städten gleichzusetzen. Vielmehr ist sie Ergebnis von Aushandlungsprozessen und sozialen Bezugnahmen städtischer Akteure. Sie äußert sich u.a. in Homogenisierungs- und Differenzierungsprozessen sowie in spezifischen Eigenarten der Regionalisierung und der Formalisierung von Alltags- und Verwaltungsroutinen. Sie alle tragen zur Pro- und Reproduktion des Eigensinns der Städte – geraue auch auch im Vergleich zu anderen Städten – bei.

Quellen:

Löw, Martina (2008). Soziologie der Städte, Frankfurt a.M.: Suhrkamp.


E-Kompetenzen

Kompetenzen sind die arbeitsbezogenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten einer Person. Dabei ist das Konzept der Kompetenz eine breite Erfassung dessen, was ein Individuum auf der Grundlage z.B. ihrer/seiner Ausbildung und Erfahrungen erreichen kann. E-Government-Kompetenzen (E-Kompetenzen) sind deshalb jene Kompetenzen, die sich auf die Erfüllung der Aufgaben der öffentlichen Verwaltung im Kontext der Digitalisierung des öffentlichen Sektors beziehen und gehen über einzelne Fähigkeiten oder Fertigkeiten hinaus.

E-Kompetenzen werden nach technischen, sozio-technischen, organisationalen, manageriellen sowie politisch-administrativen Kompetenzen gegliedert. Gleichzeitig gehen wir davon aus, dass sich die Anforderungen an und Gewichtung von  E-Kompetenzen auch aus stadtindividuellen Parametern ergeben, bspw. der Art und Anzahl der Verwaltungsaufgaben, der Einwohnerzahl und -struktur, der Stadtfunktion in der Region oder der lokalwirtschaftlichen Infrastruktur.

Beispiele für E-Kompetenzen sind IT-Kompetenz, Informationssystemdesignkompetenz, Prozessmanagementkompetenz, E-Policy-Kompetenz oder Change-Management Kompetenz.

Quellen:

Distel, B., Ogonek, N., Becker, J. (2019). eGovernment Competences Revisited – A Literature Review on Necessary Competences in a Digitalized Public Sector. In: Proceedings of the 14th International Conference on Wirtschaftsinformatik. Siegen, S.286–300

Hunnius, S., Paulowitsch, B., Schuppan, T. (2015). Does E-Government education meet competency requirements? An analysis of the German university system from international perspective. In: Proceedings of the 48th Hawaii International Conference on System Sciences, S. 2116–2123


Forschungsgruppe "Digitale Mittelstadt der Zukunft"

Eine Forschungsgruppe ist eine mittelfristig angelegte, enge Zusammenarbeit von mehreren herausragend ausgewiesenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die an einer besonderen Forschungsaufgabe arbeiten. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert Forschungsgruppen, die Förderung beträgt i.d.R. acht Jahre. Es ist das Ziel einer Forschungsgruppe, Ergebnisse zu erreichen, die über die Summe der Ergebnisse von Einzelprojekten deutlich hinausgehen. Die Forschungsgruppe Digitale Mittelstadt der Zukunft erforscht, wie Mittelstädte den Herausforderungen der Digitalisierung begegnen, und entwickelt digitale Instrumente zur Stärkung ihrer Liveability unter Berücksichtigung der dafür notwendigen Capabilities in den Bereichen Zivilgesellschaft & soziale Leistungen, Verwaltung & Politik, Wirtschaft & Energie sowie Bildung & Kultur. Beteiligt sind Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus den Bereichen Wirtschaftsinformatik, Informatik, Erziehungswissenschaft, Politikwissenschaft, Soziologie und Volkswirtschaftslehre.

Quellen:

Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) (2022a). Forschungsgruppen. https://www.dfg.de/foerderung/programme/koordinierte_programme/forschung...

Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) (2022b). FOR 5393: Die digitale Mittelstadt der Zukunft. https://gepris.dfg.de/gepris/projekt/462287308


Hybridität / Blendedness

Hybridität ist im Rahmen der Digitalisierung die Kombination und Mischung von digitalen und analogen Kanälen. Im Bereich der Digitalisierung der Mittelstadt fokussiert er insbesondere auf die Mischung von Online- und Offline- Kommunikationskanälen auf der Prozessebene (Chadwick 2009). Dabei wird der Einsatz synchroner, d.h. gleichzeitig / parallel genutzter, digitaler und analoger Verfahren als hybride Nutzung definiert (z.B. parallele Präsenzveranstaltung und gleichzeitige Onlinekonferenz). Blendedness beschreibt dagegen asynchrone Verfahren, die diverse digitale und analoge Verfahren unterschiedlich zeitlich sequenzieren (analoger Stakeholder-Workshop, digitale Umfragen, analoge Minipublic, digitales offene Forum) (Kersting 2019).

Hybridität und Blendedness beschreiben keine schlichte Öffnung beider Kanäle, sondern sind oft eine zweckmäßige, sinnvolle Verknüpfung von analogen und digitalen Kanälen, die zu neuen Formen der Partizipation (blended participation) oder Bildung (blended learning) führen. Verwaltungssteuerung und Verwaltungsprozesse greifen vielfach auf analoge und digitale Verfahren zurück. Das Maß an Hybridität beschreibt das Verhältnis zwischen digital only und analog only.

Quellen:

Chadwick, A. (2007). Digital Network Repertoires and Organizational Hybridity, Political Communication, 24:3, 283-301, DOI: 10.1080/10584600701471666

Kersting, N. (2019). Online Partizipation. Evaluation und Entwicklung- Status Quo und Zukunft. In: Hofmann, Jeanette et al. (eds) 2019: Politik in der digitalen Gesellschaft: Zentrale Problemfelder und Forschungsperspektiven. Bielefeld: Transcript: 105-122.


Interkommunalität; Interkommunale Zusammenarbeit

Bei der interkommunalen Zusammenarbeit im engen/formalen Sinn arbeiten zwei oder mehr Kommunen gemeinsam an der Erbringung einer öffentlichen Leistung. Hierbei werden Kommunen in der Regel getrieben durch Faktoren wie den demografischen Wandel (Fachkräftemangel), knapper werdende finanzielle Ressourcen oder die Digitalisierung. Durch die freiwillige Zusammenarbeit können Kommunen dem wachsenden Wettbewerbsdruck und den steigenden Handlungsanforderungen wirksam begegnen. Auslöser ist aber nicht nur die (wirtschaftliche) Notwendigkeit, sondern ebenso die pragmatische Feststellung, dass die gemeinsame Arbeit schlagkräftiger macht bzw. die Kommunen im Verbund in die Lage versetzt, ihre Leistungen qualitativ oder quantitativ möglichst zu erhalten oder gar zu steigern.

Interkommunale Zusammenarbeit basiert hierbei auf dem Prinzip der Freiwilligkeit und obliegt der Organisationshoheit der Kommunen. Form und Inhalt ist frei vereinbar, bedarf aber eines entsprechenden Gesetzes zur Regelung der Zusammenarbeit, um die Leistungen rechtsverbindlich erbringen zu können. Hierbei kann

  • eine neue juristische Person des öffentlichen Rechts entstehen,
  • eine Aufgabe unter Durchbrechung der Zuständigkeitsvorschriften übertragen werden (Delegation) oder
  • eine Aufgabe vollständig im Namen und nach Weisung einer anderen Kommune durchgeführt werden (Mandat).

Für diese Fälle sehen – beispielsweise – die Gemeindeordnung NRW und das Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit folgende Möglichkeiten für eine Zusammenarbeit von Kommunen vor:

  • kommunale Arbeitsgemeinschaften,
  • gemeinsame Kommunalunternehmen,
  • Zweckverbände oder
  • öffentlich-rechtliche Vereinbarungen.

Über die formelle interkommunale Zusammenarbeit der Kommunen wird im Kontext der Forschungsgruppe ebenso die nicht-öffentliche, kommunenübergreifende Zusammenarbeit eine wichtige Rolle spielen (Interkommunalität). Hierbei sind insbesondere kommunenübergreifende Kooperationen z. B. von (Sport-)Vereinen und weiteren Organisationen zu fassen. Dies geschieht dann in einem privatrechtlichen oder informellen Rahmen.

Quellen:

DStGB Dokumentation Nr. 39 (2004). https://www.dstgb.de/publikationen/dokumentationen/dokumentationen-nr-1-50/nr-39-interkommunale-zusammenarbeit/doku39.pdf?cid=6nj

DStGB Dokumentation Nr. 51 (2005). https://www.dstgb.de/publikationen/dokumentationen/nr-51-interkommunale-zusammenarbeit-praxisbeispiele-rechtsformen-und-anwendung-des-vergaberechts/doku51.pdf?cid=6m8

https://www.bezreg-muenster.de/de/wirtschaft_finanzen_kommunalaufsicht/kommunalaufsicht/interkommunale_zusammenarbeit/index.html

https://www.mhkbd.nrw/themenportal/interkommunale-zusammenarbeit


Kritische Infrastrukturen

Kritische Infrastrukturen (KRITIS) sind Organisationen und Einrichtungen, welche für die Einhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie der Aufrechterhaltung der Versorgung unentbehrlich sind. Organisationen und Einrichtungen der Sektoren Energie, Informationstechnik und Telekommunikation, Transport und Verkehr, Gesundheit, Medien und Kultur, Wasser, Ernährung, Finanz- und Versicherungswesen, Siedlungsabfallentsorgung sowie Staat und Verwaltung gehören in Deutschland gemäß § 2 Absatz 10 BSIG (BSI-Gesetz) zur kritischen Infrastruktur. Für diese Einrichtungen schreibt das IT-Sicherheitsgesetz 2.0 einen Bedarf an erhöhten Sicherheitsanforderungen vor.

Quellen:

BBK–Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. (2020). 10 Jahre „KRITIS Strategie “. Einblicke in die Umsetzung der Nationalen Strategie zum Schutz Kritischer Infrastrukturen.

 


Lebenslanges Lernen

Lebenslanges Lernen umfasst die Lernaktivität für Menschen aller Altersgruppen (Kinder, Jugendliche, Erwachsene und ältere Menschen), in allen Lebensbereichen (Familie, Schule, Gemeinschaft, Arbeitsplatz usw.) und durch eine Vielzahl von Modalitäten (formal, nicht-formal), die zusammen ein breites Spektrum von Lernbedürfnissen und -anforderungen abdecken.

  1. Lernen zu wissen – Die erste Säule beschreibt das Erlangen von Bewusstsein über ein Phänomen und Verständnis sowie Wissen darüber zu entwickeln. Gleichzeitig lernt ein Individuum, Erwartungen gegenüber diesem Phänomen einzuschätzen und entwickelt ein Bedürfnis danach, immer mehr zu lernen.
  2. Lernen zu tun – Die zweite Säule beschreibt die Fähigkeit zu handeln und vor allem in bestimmten Situationen entsprechend angemessen zu handeln. Zusätzlich geht es hier um die Fähigkeit, Wissen weiterzugeben.
  3. Lernen zu sein – Die dritte Säule beschreibt das Erlangen von Bewusstsein über die eigene Person und die individuellen Fähigkeiten und Entwicklungsmöglichkeiten optimal auszunutzen.
  4. Lernen zusammenzuleben – Die vierte Säule beschreibt das gegenseitige Kennenlernen. Bestandteil dessen ist es, Erfahrungen in Gesellschaften zu teilen, als Gruppe zu lernen und zu wachsen sowie Solidarität und Unterstützung zu pflegen.

Quellen:

UNESCO Institute for Lifelong Learning Technical Note – Lifelong Learning. https://uil.unesco.org/fileadmin/keydocuments/LifelongLearning/en/UNESCOTechNotesLLL.pdf

Itzkovich, Yariv, and Niva Dolev. (2021). "Cultivating a Safer Organizational Climate in the Public Sector: Mistreatment Intervention Using the Four Pillars of Lifelong Learning." Societies 11.2, S.48.


Liveability

Eine Stadt wird als lebenswert bezeichnet, wenn sie „sicher, attraktiv, sozial kohäsiv und integrativ sowie ökologisch nachhaltig“ (Lowe et al., 2013) ist. In diesem Sinne bezieht sich Liveability auf die Attraktivität eines Ortes und seiner Umweltbedingungen für Leben, Arbeit und Wirtschaft (Rosemann et al., 2021; Tan et al., 2014; The Economist Intelligence Unit, 2019). Liveability beruht dabei nicht allein auf Wahrnehmungen, sondern auch auf objektiven Kriterien. Beiträge zu unterschiedlichen Dimensionen von Liveability durch soziale Akteure, Digitalisierungsmaßnahmen oder technologischer Artefakte können also konkrekt gemessen werden.

Quellen:

Lowe, M., Whitzman, C., Badland, H., Davern, M., Hes, D., Aye, L., Butterworth, I., & Giles-Corti, W. (2013). Liveable, Healthy, Sustainable: What are the Key Indicators for Melbourne neighbourhoods?

Rosemann, M., Becker, J., & Chasin, F. (2021). City 5.0. Business & Information Systems Engineering (BISE), 63(1), 71–77. https://doi.org/10.1007/s12599-020-00674-9

Tan, K. G., Thye, W. W., & Aw, G. (2014). A New Approach to Measuring the Liveability of Cities: the Global Liveable Cities Index. World Review of Science, Technology and Sustainable Development, 11(2), 176–196.

The Economist Intelligence Unit. (2019). The Global Liveability Index 2019. In The Economist.


Mittelstadt

Der Definition der Internationalen Statistikkonferenz von 1887 folgend, auf der bis heute die deutsche Gemeindestatistik beruht, werden Städte mit 20.000 bis 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern als Mittelstadt bezeichnet (Adam, 2005). Mit Stichtag 31.12.2021 sind demnach 5,7% der deutschen Gemeinden Mittelstädte (N=618). In ihnen leben insgesamt knapp 22,9 Mio. Menschen. Das entspricht einem Anteil von 27,5% an der Gesamtbevölkerung (eigene Berechnungen, Datengrundlage: Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2023).

Ihre wichtige soziale, politische und wirtschaftliche Bedeutung entfalten Mittelstädte besonders im ländlichen Raum, wo sie zentrale Funktionen für umliegende kleinere Gemeinden übernehmen. Gleichzeitig sind Fragen z.B. der Mobilität, des demografischen Wandels, der wirtschaftlichen Entwicklung oder des umfassenden Bildungsangebotes Herausforderungen, die sich in Mittelstädten im besonderen Maße stellen. Hinzu kommt, dass für deren (digital unterstützte) Lösung, im Vergleich zu Großstädten, meist weniger Ressourcen zur Verfügung stehen (Becker et al., 2021).

Unsere Forschungsgruppe analysiert Herausforderungen und Chancen und entwickelt Instrumente, sodass sich digitale Mittelstädte entwickeln können, die die Identität von und Identifikation mit Stadt und Region wahren.

Quellen:

Adam, B. (2005). Mittelstädte — Eine stadtregionale Positionsbestimmung. IzR - Informationen zur Raumentwicklung 2005(8): 495–523.

Becker, J., Distel, B., Grundmann, M., Hupperich, T., Kersting, N., Löschel, A., Parreira do Amaral, M., & Scholta, H. (2021). Challenges and Potentials of Digitalisation for Small and Mid-sized Towns: Proposition of a Transdisciplinary Research Agenda. Working Papers, European Research Center for Information Systems, 36.

Statistische Ämter des Bundes und der Länder. (2023). https://www.regionalstatistik.de/genesis//online?operation=table&code=12...


Nachhaltige Stadtentwicklung

Nachhaltige Stadtentwicklung ist als stadtentwicklungspolitisches Leitbild zu verstehen, welches die Vision einer transformierte Stadt im Sinne der nachhaltigen Entwicklung entwirft, welches auf der Gleichwertigkeit von ökologischer, ökonomischer und sozialer Nachhaltigkeit beruhrt, sowie sich an inter- und intragenerationalen Gerechtigkeitskonzeptionen orierentiert (Görgen/Wendt 2015).

Erstmals 2007 im Kontext der EU-Ratspräsidentschaft entwickelte Deutschland die Leipzig-Charta, welche die Version einer europäischen nachhaltigen Stadt und einer integrierten Stadtentwicklungspolitik entwirft und die Vernetzung zahlreicher Akteure sowie die Stärkung benachteiligter Quartiere in den Fokus rückt. Anlässlich der EU-Ratspräsidentschaft 2021 wurde eine neue Leipzig Charta entwickelt, welche die transformative Kraft der Städte und die Förderung des Gemeinwohls im Sinne der drei Säulen der Nachhaltigkeit in den Vordergrund stellt (Leipzig Charta 2021). In dieser Charta wird neben einem integrierten Stadtentwicklungsansatz, auf die Beteiligung und Ko-Produktion zahlreicher Akteure, insbesondere aus der Zivilgesellschaft, sowie eines Mehrebenen und Ortsgebundenen Ansatzes gesetzt, um den zentralen Herausforderungen einer nachhaltigen Stadtentwicklung und gesellschaftspolitischen Herausforderungen zu begegnen. Dieses Konzept vereint Ansätze der kooperativen Stadtentwicklung, mit Nachhaltigkeit, Bürgerbeteiligung, Lokalität unter der Perspektive des Gemeinwohls und setzt damit nicht weniger als an den zentralen Fragen des 21. Jahrhunderts an  (WBGU 2016; SynVer*Z 2021).  

Quellen:

Görgen, B., & Wendt, B. (2015). Nachhaltigkeit als Fortschritt denken: Grundrisse einer soziologisch fundierten Nachhaltigkeitsforschung. Soziologie Und Nachhaltigkeit, 1(1). https://doi.org/10.17879/sun-2015-1443.

SynVer*Z - Synthese- und Vernetzungsprojekt Zukunftsstadt (2021). Wie leben wir morgen. Forschungsimpulse für eine nachhaltige Stadt, Berlin: Deutsches Institut für Urbanistik.

WBGU – Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung für globale Umweltfragen (2016). Der Umzug der Menschheit. Die transformative Kraft der Städte, WBGU: Berlin.


One-Stop-Shop / No-Stop-Shop

One-Stop-Shop und No-Stop-Shop bezeichnen zwei Konzepte für die Dienstleistungserbringung in der öffentlichen Verwaltung.

Ein One-Stop-Shop ist die alleinige Anlaufstelle für Bürger*innen und Unternehmen, um mit verschiedenen öffentlichen Verwaltungen zu interagieren (Wimmer, 2002). Die gesamte Interaktion mit öffentlichen Verwaltungen erfolgt über diesen Kontaktpunkt und es müssen nicht verschiedene Ansprechpartner konsultiert werden. Während das Front-End integriert und zentralisiert wird, kann das Back-End fragmentiert bleiben. Somit verbleibt die Fallbearbeitung bei den zuständigen Behörden.

In einem No-Stop-Shop benötigen die Bürger*innen und Unternehmen keinen Kontaktpunkt für die Interaktion mit der Verwaltung, da sie nichts tun müssen, um eine Verwaltungsleistung zu beziehen (Brüggemeier, 2010; Scholta et al., 2019). Die Verwaltung fragt keine Daten von den Bürger*innen und Unternehmen ab, sondern bezieht sie aus anderen Quellen, und auch deren Einwilligung zur Leistungserbringung ist nicht notwendig. Bürger*innen und Unternehmen müssen ausschließlich die Leistung entgegennehmen und können sie nutzen.

Quellen:

Brüggemeier M. (2010) Auf dem Weg zur No-Stop-Verwaltung. Verwaltung & Management 16(2): 93–101.

Scholta H., Mertens W., Kowalkiewicz M., et al. (2019) From one-stop shop to no-stop shop: An e-government stage model. Government Information Quarterly 36(1): 11–26.

Wimmer M.A. (2002) A European perspective towards online one-stop government: the eGOV project. Electronic Commerce Research and Applications 1(1): 92–103.


Partizipation

Partizipation (Beteiligung) bezeichnet allgemein die Teilhabe an bzw. Möglichkeit der Einflussnahme auf Entscheidungs- und Willensbildungsprozesse sowie deren Umsetzung durch Individuen oder Organisationen.

Politische Partizipation umfasst alle Tätigkeiten, die Bürgerinnen und Bürger „freiwillig mit dem Ziel unternehmen, Entscheidungen auf den verschiedenen Ebenen des politischen Systems zu beeinflussen“ (Kaase, 1992). Politische Partizipation wird von bürgerschaftlichem Engagement abgegrenzt, das auch soziale und gemeinwohlorientierte Beteiligung umfasst.

Politische Beteiligung lässt sich nach Kersting (2013) in vier Bereiche unterteilen, die je nach Grad ihrer Verfasstheit dem „invited space“ (top-down durch Institutionen organisierte Beteiligungsverfahren) oder dem „invented space“ (bottom-up bürgerschaftlich initiierte Verfahren) zugeordnet werden. Die repräsentative Partizipation (1) umfasst dabei als am stärksten institutionalisierte Form vor allem die Teilnahme an Wahlen, die Mitarbeit in Parteien und die Übernahme politischer Ämter. Die direktdemokratische Partizipation (2) ist ebenfalls wahlzentriert, orientiert sich aber an Themen und nicht an Personen, Parteien oder Ämtern (Referenden, Petitionen etc.). Die deliberative Partizipation (3) umfasst dialogorientierte Verfahren (Minipublics, Bürgerhaushalte etc.), die in Deutschland meist konsultativ und selten auf konkrete Entscheidungsfindungen ausgerichtet werden. Schließlich werden dem Bereich der demonstrativen Partizipation (4) z.B. die Beteiligung an Demonstrationen oder das Schreiben von Leserbriefen zugeordnet. Allen analogen Partizipationsbereichen lassen sich auch digitale Partizipationsformen zuordnen (E-Partizipation). Beispiele hierfür sind Online-Wahlen (1), E-Petitionen (2), Online-Bürgerhaushalte (3) oder politische Meinungsäußerungen in sozialen Medien (4). Zudem gibt es mittlerweile häufig Verfahren, die analoge und digitale Instrumente verbinden (blended / hybride Partizipation).

Quellen:

Kaase, M. (1992). Politische Beteiligung/ Politische Partizipation. In U. Andersen & W. Woyke (Hrsg.), Handwörterbuch des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland. VS Verlag für Sozialwissenschaften, S.429-433 https://doi.org/10.1007/978-3-322-95896-9_103

Kersting, N. (2013). Online participation: From „invited“ to „invented“ spaces. International Journal of Electronic Governance, 6(4), S.270–280. https://doi.org/10.1504/IJEG.2013.060650


Reallabor

Als Reallabor wird ein transdisziplinäres Forschungsformat bezeichnet, welches die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Praxis fördert, um Lösungen für gesellschaftliche Probleme zu entwickeln. Reallabore können auch als Erprobungsräume bezeichnet werden, in denen innovative Technologien, Regularien oder Konzepte unter realen Bedingungen getestet und weiter entwickelt werden. So können in den zeitlich und räumlich begrenzten Experimentierräumen Grundlagen für eine rechtliche Regulierung entwickelt werden (BMWK 2019).

Das Forschungsformat des Reallabors geht dabei zirkulär von den drei Forschungsphasen des Co-Design, der Co-Produktion und der Co-Evaluation aus, welche kooperativ und partizipativ zwischen Wissenschaft, Praktiker*innen, Zivilgesellschaft und Nutzer*innen entwickelt werden. Dies kann bspw. durch Gruppengespräche, Visionsworkshops, Experimente, Fragebögen oder Interviews erfolgen (Mbah et al. 2023).

In den letzten 15 Jahren haben sich zahlreiche Ansätze entwickelt, welche sich zwischen transformativen, technisch-regulatorische und internationalen living-lab Ansätzen bewegen. Die Reallabore sind meist lokal begrenzt, können aber auch regional, national oder transnational orientiert sein. Zeitlich sind viele Projekte auf eine Dauer von 2-5 Jahre angelegt (Schäpke et al. 2017).

Quellen:

BMWK – Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (2019). Freiräume für Innovationen. Das Handbuch für Reallabore, Berlin online: https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Publikationen/Digitale-Welt/handbuch-fuer-reallabore.html [Zugriff: 25.04.2023].

Mbah, Melanie; Brohmann, Bettina; Weber, Manuela (2023). Das Reallabor-Format in der transdisziplinären Forschung. Vielfalt der Reallabor-Ansätze und ausgewählte ReallaborForschung am Öko-Institut, Workshopdokumentation Online: https://td-academy.org/tdacademy/themenlinien/themenlinie-4-neue-formate/kurzbericht-das-reallabor-format-in-der-transdisziplinaeren-forschung/ [Zugriff: 25.04.2023].

Schäpke, Niko; Stelzer, Franziska; Bergmann, Matthias; Singer-Brodowski, Mandy; Wanner, Matthias; Caniglia, Guido; Lang, Daniel (2017). Reallabore im Kontext transformativer Forschung. Ansatzpunkte zur Konzeption und Einbettung in den internationalen Forschungsstand, (No. 1/2017) Leuphana Universität Lüneburg, Institut für Ethik und Transdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung.


Regelungsebene

Die Regelung (Legislative) gibt Rechtsvorschriften für den Vollzug (Exekutive) vor.

Die Regelungsebene gibt an, auf welcher Ebene der Hierarchie (Bundes-, Landes-, Kommunalebene) sich die für die Definition der aus einer rechtlichen Norm resultierenden Leistung zuständige Einheit befindet. Dies bedeutet in der Regel, dass Bundesgesetze auf Bundesebene, Landesgesetze auf Landesebene usw. definiert werden. Die Ausführung bzw. der Vollzug wird über die Vollzugsebene definiert.

Die Regelungsebene gibt damit der Vollzugsebene Handlungsspielräume und Begriffsdefinitionen vor, welche für die Erbringung der Leistung notwendig sind. Ebenso werden auf der Regelungsebene erforderliche Daten definiert, die im Vollzug erhoben und bearbeitet werden dürfen bzw. müssen.

Dazu gibt es den indirekten Vollzug, bei dem eine Regelungsebene ein Gesetz bzw. eine Leistung definiert, die durch eine höhere Instanz (z.B. EU-Recht) vorgegeben wird.

Der Vollzug kann im Zuge der Amtshilfe durch eine nicht involvierte Instanz unterstützt werden.

Quellen:

Bundesministerium des Inneren und für Heimat 2021 OZG-Leitfaden: 6.2 Recht und Vollzug. https://leitfaden.ozg-umsetzung.de/display/OZG/6.2+Recht+und+Vollzug. Accessed 17 Mai 2023.

Europäische Kommission 2023 Anwendung des EU-Rechts. https://commission.europa.eu/law/application-eu-law/role-member-states-a.... Accessed 25 Mai 2023.

Bundesministerium für Justiz 2023 Art 35 GG - Einzelnorm. https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_35.html. Accessed 25 Mai 2023.


Security Automation, Orchestration and Response (SOAR)

Security Automation, Orchestration, and Response (SOAR) bezeichnet IT-Systeme, welche automatisiert IT-Sicherheitsvorfälle abgreifen, mit Cyber Threat Intelligence aus unterschiedlichen Quellen anreichern und für die IT-Sicherheitsverantwortlichen zwecks Beurteilung und Priorisierung zur Durchführung adäquater Maßnahmen aufbereiten. Da die Analyse dieser Vorfälle von SOAR-Systemen automatisiert und mit standardisierten Prozessen („Workflows“) orchestriert wird, führt dies zu erheblicher Verkürzung von Reaktionszeiten und somit zur erhöhter Schwachstellen-Resilienz. Desweiterem können SOAR-Systeme zur Automatisierung von Abläufen programmiert werden, welche herkömmlich manuell und durch mehrere Abteilungen abgewickelt werden müssen. Ein Beispiel hierfür ist die Anlegung von Benutzerkonten für neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer Organisation, welche abhängig von Funktion und Aufgabenbereich unterschiedliche Rechte und Zugriffe auf IT-Ressourcen erhalten sollen (Account & Identity Management).

Quellen:

Schlette, D. (2021). Cyber Threat Intelligence. In: Jajodia, S., Samarati, P., Yung, M. (eds) Encyclopedia of Cryptography, Security and Privacy. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-27739-9_1716-1

Weitere Literatur

López Velásquez, J. M., Martínez Monterrubio, S. M., Sánchez Crespo, L. E., & Garcia Rosado, D. (2023). Systematic review of SIEM technology: SIEM-SC birth. International Journal of Information


Spatial Justice

Der Spatial-Justice-Ansatz geprägt durch Wissenschaftler wie Soja, Harvey und Lefebvre stellt eine Perspektive auf das Thema Gerechtigkeit dar und verbindet Gerechtigkeit mit dem Raum. Nach dem Spatial-Justice-Ansatz Sojas (2010) stehen soziale und räumliche Prozesse in Wechselwirkung zueinander und produzieren mithin auch Gerechtigkeitsverhältnisse.

Im Rahmen des Spatial-Justice-Ansatzes lassen sich in der Literatur zwei Stränge ausdifferenzieren: Der distributive Ansatz legt den Fokus auf die materielle Qualität des Raums. Hier werden insbesondere die Verteilung von Ressourcen, Gütern und Zugang im Raum und die hier bestehenden Wechselwirkungen betrachtet (Schwab, 2018). Der prozedurale Ansatz fokussiert stärker die Prozesse der Entscheidungen und Ergreifung von Maßnahmen sowie ihre Fairness (Schwab, 2018).

Der Raum muss dabei nicht zwingend geografisch interpretiert werden, sondern kann als dynamisches Set von Beziehungen verstanden werden. Es kann sich hier auch um digitale, formelle oder informelle Räume handeln (Schwab, 2018). Der Ansatz unterstützt dabei, Teilungen in Mittelstädten beobachten und aufzeigen zu können sowie Einflussfaktoren zu identifizieren (Beach, et al., 2018; Oberti et al. 2016).
 

Quellen:

Beach, D., From, T., Johansson, M. & Öhrn, E. (2018). Educational and spatial justice in rural and urban areas in three Nordic countries: a meta-ethnographic analysis. Education Inquiry, 9(1), 4–21. https://doi.org/10.1080/20004508.2018.1430423

Oberti, M, Prétéceille, E. (2016). La ségrégation urbaine. [Urban segregation] Paris: La Découverte.

Schwab, E. (2018). Spatial Justice and Informal Settlements: Integral Urban Projects in the Comunas of Medellín. https://doi.org/10.1108/9781787147676

Soja, E. W. (2010). Seeking Spatial Justice. University of Minnesota Press. https://doi.org/10.5749/minnesota/9780816666676.001.0001


Transdisziplinarität

Transdisziplinarität bezieht sich auf Forschungsansätze, welche auf eine differenzierte und ganzheitliche Bearbeitung wissenschaftlicher Forschungsfragen abzielen, insbesondere durch die Verknüpfung verschiedener Wissenstypen und -formen sowie des Einbezugs unterschiedlicher Gruppen und Akteure vor Ort. Zentral ist darüber hinaus das gegenseitige Lernen zwischen den beteiligten Wissenschaftler*innen und Praktiker*innen über den komplexen, gesellschaftlich relevanten Prozess der Digitalisierung in unterschiedlichen Bereichen (Max-Neef, 2005; Rigolot, 2020; Scholz & Steiner, 2015). Er stellt eine vielversprechende Art der Wissensproduktion und Entscheidungsfindung dar (Lang et al., 2012).

Forschung in einem transdisziplinären Rahmen zeichnet sich durch vier zentrale Charakteristika aus:

  • Integration von Wissensbeständen verschiedener Fachdisziplinen;
  • Integration unterschiedlicher Wissenstypen- und formen (disziplinäres Wissen und Praxis-/Stakeholder-Wissen);
  • Einbezug relationaler und rationaler Erklärungs- und Verstehungsansätze;
  • Triangulation von Forschungsansätzen.

Zum einen fördert transdisziplinäres Arbeiten die Komplexität von Zusammenhängen anzuerkennen und zu bearbeiten sowie eine lebensweltnahe Perspektive auf die Forschungsgegenstände zu erlangen. Erkenntnisorientierte Forschung auf der einen und gestaltungsorientierte Forschung auf der anderen Seite befruchten sich gegenseitig und es entsteht eine innovative Symbiose.

Quellen:

Lang, D. J., Wiek, A., Bergmann, M., Stauffacher, M., Martens, P., Moll, P., et al. (2012). Transdisciplinary research in sustainability science: practice, principles, and challenges. Sustainability Science, 7(1), 25–43.

Max-Neef, M. A. (2005). Foundations of transdisciplinarity. Ecological Economics, 53(1), 5–16, from https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0921800905000273.

Rigolot, C. (2020). Transdisciplinarity as a discipline and a way of being: complementarities and creative tensions. Humanities and Social Sciences Communications, 7(1), 100.

Scholz, R. W., Steiner, G. (2015). Transdisciplinarity at the crossroads. Sustainability Science, 10(4), 521–526.


Vollzugsebene

Der Vollzug (Exekutive) setzt die von der Regelung (Legislative) spezifizierten Rechtsvorschriften um.

Die Vollzugsebene gibt an, auf welcher Ebene der Hierarchie (Bundes-, Landes-, Kommunalebene) sich die vollziehende Behörde befindet. Auf der Vollzugsebene wird die durch eine auf der Regelungsebene spezifizierten rechtlichen Norm definierte Leistung erbracht. Der Vollzug stellt Ressourcen bereit, um die zur Erbringung der Leistung benötigten Aktivitäten durchzuführen. Der Vollzug koordiniert sich gegebenenfalls mit Partnern, um eine aus einem Gesetz resultierende Aufgabe zu erfüllen.

Der Vollzug interpretiert dazu den durch die Regelungsebene gegebenen Handlungsspielraum in operative Maßnahmen und erweitert die Vorgaben gegebenenfalls um zusätzliche Daten, Aktivitäten o.Ä. Der Vollzug ist grundsätzlich der Regelung in der Ebene gleich- oder untergeordnet. Je nach Distanz der Ebenen können zusätzliche Erfordernisse und Handlungsspielräume durch andere übergeordnete Instanzen vorgegeben werden.

Der Vollzug kann im Zuge der Amtshilfe durch eine nicht involvierte Behörde unterstützt werden.

Quellen:

Bundesministerium des Inneren und für Heimat 2021 OZG-Leitfaden: 6.2 Recht und Vollzug. https://leitfaden.ozg-umsetzung.de/display/OZG/6.2+Recht+und+Vollzug. Accessed 17 Mai 2023.

Bundesministerium des Inneren und für Heimat 2023 Verwaltungsvorschriften im Internet. https://www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de/. Accessed 31 Mai 2023.

Europäische Kommission 2023 Anwendung des EU-Rechts. https://commission.europa.eu/law/application-eu-law/role-member-states-and-commission_de. Accessed 25 Mai 2023.

Bundesministerium für Justiz 2023 Art 35 GG - Einzelnorm. https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_35.html. Accessed 25 Mai 2023.